Unterschiede Stereotypien - Tics - Zwänge




Häufig werden auffallende, sich oft wiederholende Bewegungen und Lautäußerungen, wie sie bei Tics, Stereotypien und Zwängen auftreten, “in einen Topf geworfen”. Es ist jedoch wichtig, diese zu unterscheiden, da sie unterschiedliche Ursachen haben und dementsprechend auch unterschiedlich mit ihnen umgegangen werden muss.

Darum möchte ich hier die Unterschiede erläutern:





Tics

sind !!zweckfreie!! spontane Bewegungen (oder auch Handlungen) oder Geräusche (oder Worte, Sätze, Monologe), die sehr kurz, schnell und "einfach", aber durchaus auch sehr komplexer Natur sein können, und die der Betroffene gegen seinen eigenen Willen ausführen "muss".

Meist sind sie ihm durchaus bewusst, aber nicht unbedingt. Er kann sie manchmal mit Übung, wenn es sein muss, eine kurze Weile unterdrücken (manche Betroffene können dies sogar über ein paar Stunden hin) aber danach brechen diese um so stärker, heftiger und dringlicher hervor, etwa wie ein Schluckauf oder ein Niesen, dass man nicht wirklich verhindern kann, ob man will oder nicht.

Tics treten auch in entspannten Situationen auf und nehmen oft unter konzentrierter Beschäftigung mit spannenden, interessanten Tätigkeiten zeitweise ab.

So können "Tourettis" ( - zum Tourette Syndrom und anderen Tic-Störungen siehe hier - ) durchaus Autofahren und Oliver Sacks hat in "Eine Anthropologin auf dem Mars" den in den USA berühmten Chirurgen Dr. Carl Bennett vorgestellt, der sehr stark tickt, aber dennoch ein Meister seines Faches ist und ruhig wird, sobald er ein Skalpell in der Hand hält. Auch gibt es einen berühmten Basketballspieler und gute Musiker und Maler mit Tourette.
Touretter haben oft eine sehr schnelle Reaktionszeit, manchen gelingt es, den Ansatz eines Tics in eine gezielte Bewegung umzuwandeln, was beim Basketballspielen hilfreich sein kann. ;-)

Viele Touretter neigen dazu, Tics von anderen zu übernehmen, oder auch allgemein Bewegungen und/oder Worte/Sätze anderer zu Tics umzuwandeln, so dass solche Tics einer Echolalie ähneln können.

Viele Touretter leiden gleichzeitig auch unter starken Zwängen.





Zwänge

gibt es vollführt ein Betroffener im Grunde auch gegen seinen Willen, aber sie haben eine Funktion!

Und zwar in erster Linie die der Kontrollausübung, sehr oft dienen sie der Kontrolle über Ängste, aber das muss nicht sein.

Sie können sich in Form von Bewegungen (und umfangreichen Handlungen), Geräuschen (auch Worten, Sätzen oder Monologen) oder auch Gedanken äußern. Ein einfacher Zwang wie ihn die meisten Menschen in gewissen Grenzen kennen, wird zu einer Zwangserkrankung im Sinne einer entsprechenden Diagnose in dem Moment, in dem der Betroffene selbst unter ihm dauerhaft stark leidet und sich selbst gequält fühlt, weil er die Zwangshandlung nicht unterlassen kann, obwohl er dies möchte, so dass der Zwang gegen den Willen des Betroffenen seinen Alltag bestimmt.
Inwieweit die Umgebung sich beeinträchtigt fühlt spielt hierbei keine Rolle, obgleich dies oft viel früher schon der Fall ist. ;)

Zwänge nehmen meist bei Anspannung zu.





Stereotypien

hingegen, wie sie für autistische Menschen sehr typisch sind, sind Bewegungen (auch komplexere Handlungen) oder Geräusche (auch Worte, Sätze, Monologe), die der Betroffene bewusst oder unbewusst ausführt, um sich bei (subjektiv so empfundenem) Reizmangel zu stimulieren oder bei Überlastung abzulenken.

Sie erkennen keinen Sinn darin, begreifen nicht, warum man sich wann wie verhält und können es darum auch bei gutem Willen und vorhandener Aufmerksamkeit nicht immer richtig machen. Darum wirken sie oft arrogant und ausgesprochen egozentrisch, gar egoistisch, ohne dies jedoch im eigentlichen Wortsinn zu sein.
Ein solcher Reizmangel auf einem Gebiet kann durchaus auch mit einer Überlastung auf anderem Gebiet kombiniert sein, z.B. zu viel Lärm aber zu wenig taktile Reize).
Stereotypien sind also für den Betroffenen im Gegensatz zu Tics und Zwängen angenehm. Jedoch von Außenstehenden trotzdem kaum zu "kontrollieren" oder zu reduzieren, da sie für Betroffene sehr wichtig sind und diese darum sehr beharrlich daran festhalten.
Im Grunde genommen sind auch die bei “ Aspies” wohlbekannte extrem intensive Beschäftigung mit Spezialinteressen und das "zwanghaft" erscheinende Fixiertsein auf bestimmte Themen eine Form von Stereotypie.





Für eine etwaige medikamentöse Behandlung kommen, je nachdem, ob es sich um Tics, Zwänge oder Stereotypien handelt, verschiedenartige Medikamente in Frage.
Informationen hierzu werde ich später noch ergänzen.

Und natürlich muss auch der sonstige Umgang mit dem Verhalten entsprechend angepasst sein.
Tics z.B. sollte man möglichst ignorieren, da sie durch das Bewusstwerden noch verstärkt werden können, aber "erfahrenere" Betroffene können manchmal lernen, bestimmte sehr störende Tics in weniger auffallende Formen "umzuleiten".



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