offizielle Diagnosekriterien für Autismus



Hier finden Sie die offiziellen Diagnosekriterien, anhand welcher eine eventuelle Autismus-Diagnose gestellt wird.


Es gibt zwei offizielle Standardwerke zur Diagnosestellung bei psychischen und psychiatrischen Störungen. Nach beiden gehören das Asperger Syndrom und der frühkindliche (Kanner-) Autismus zu den tiefgreifenden Entwicklungsstörungen:

Es sind

ICD 10

(International Statistical Classification of Diseases, Injuries, and Causes of Death, 10. geänderte Version; World Health Organisation, WHO = Internationale Klassifikation psychischer Störungen der Weltgesundheitsorganisation WHO)

frühkindlicher Autismus nach ICD-10


Asperger Syndrom nach ICD-10



und

DSM IV

(Diagnostisches und Statistisches Manual psychischer Störungen, 4. geänderte Version; American Psychiatric Association)

frühkindlicher Autismus nach DSM-IV


Asperger Syndrom nach DSM-IV



Die gesamte Datei des ICD 10 können Sie hier online einsehen:
http://www.medknowledge.de/qualitaetsmanagement/icd_10_ops_301.htm
Der DSM IV ist bislang nur in Buchform erhältlich. Beide Systeme werden regelmäßig überarbeitet. Sie sind notwendige Abrechnungsgrundlage gegenüber den Krankenkassen.



Aus diesen beiden Systemen hat die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie eigene

Leitlinien der Diagnosefindung

entwickelt, die jedoch unverbindlich sind:
http://www.uni-duesseldorf.de/WWW/AWMF/ll/
Die tiefgreifenden Entwicklungsstörungen sind im Kapitel F84 zusammengefasst:
http://www.uni-duesseldorf.de/WWW/AWMF/ll/028-018.htm


Recht anschaulich haben die Diagnosekriterien für das Asperger Syndrom die Schweden

Gillberg und Gillberg

1989 formuliert.







Gillberg und Gillberg

in Schweden entwickelten 1989 folgende recht anschauliche Diagnosekriterien für das

Asperger Syndrom:


Soziale Beeinträchtigung (extreme Ich-Bezogenheit)
(mindestens zwei der folgenden Merkmale):

  • Unfähigkeit, mit Gleichaltrigen zu interagieren
  • mangelnder Wunsch, mit Gleichaltrigen zu interagieren
  • mangelndes Verständnis für soziale Signale
  • sozial und emotional unangemessenes Verhalten


  • Eingeengte Interessen
    (mindestens eines der folgenden Merkmale):
  • Ausschluss anderer Aktivitäten
  • repetitives Befolgen der Aktivität
  • mehr Routine als Bedeutung


  • Repetitive Routinen
    (mindestens eines der folgenden Merkmale):
  • für sich selbst, in Bezug auf bestimmte Lebensaspekte
  • für andere


  • Rede- und Sprachbesonderheiten
    (mindestens drei der folgenden Merkmale):
  • verzögerte Entwicklung
  • (oberflächlich gesehen) perfekter sprachlicher Ausdruck
  • formelle, pedantische Sprache
  • seltsame Sprachmelodie, "fremder" Akzent, eigenartige Stimm-Merkmale
  • beeinträchtigtes Verständnis, einschließlich Fehlinterpretationen von wörtlichen/implizierten Bedeutungen


  • Nonverbale Kommunikationsprobleme (mindestens eines der folgenden Merkmale):
  • begrenzte Gestik
  • unbeholfene/linkische Körpersprache
  • begrenzte Mimik
  • unangemessener Ausdruck
  • eigenartig starrer Blick


  • Motorische Unbeholfenheit
  • Mangelnde Leistung bei Untersuchung der neurologischen Entwicklung




  • ___nach oben









    ICD-10 tiefgreifende Entwicklungsstörungen

    Diagnosekriterien (Forschungskriterien) für

    frühkindlichen Autismus

    (Diagnoseschlüssel F 84.0) nach dem ICD-10 der WHO (Weltgesundheitsorganisation) :



    Vor dem dritten Lebensjahr manifestiert sich eine auffällige und beeinträchtigte Entwicklung
    in mindestens einem der folgenden Bereiche:
  • rezeptive oder expressive Sprache, wie sie in der sozialen Kommunikation verwandt wird
  • Entwicklung selektiver sozialer Zuwendung oder reziproker sozialer Interaktion
  • funktionales oder symbolisches Spielen.


  • Insgesamt müssen mindestens sechs Symptome von 1), 2) und 3) vorliegen,
    davon mindestens zwei von 1) und mindestens je eins von 2) und 3):


    1) Qualitative Auffälligkeiten der gegenseitigen sozialen Interaktion
    in mindestens drei der folgenden Bereiche:
  • Unfähigkeit, Blickkontakt, Mimik, Körperhaltung und Gestik zur Regulation sozialer Interaktionen zu verwenden
  • Unfähigkeit, Beziehungen zu Gleichaltrigen aufzunehmen, mit gemeinsamen Interessen, Aktivitäten und Gefühlen (in einer für das geistige Alter angemessenen Art und Weise trotz hinreichender Möglichkeiten)
  • Mangel an sozio-emotionaler Gegenseitigkeit, die sich in einer Beeinträchtigung oder devianten Reaktion auf die Emotionen anderer äußert; oder Mangel an Verhaltensmodulation entsprechend dem sozialen Kontext; oder nur labile Integration sozialen, emotionalen und kommunikativen Verhaltens
  • Mangel, spontan Freude, Interessen oder Tätigkeiten mit anderen zu teilen (z.B. Mangel, anderen Menschen Dinge, die für die Betroffenen von Bedeutung sind, zu zeigen, zu bringen oder zu erklären).


  • 2) Qualitative Auffälligkeiten der Kommunikation
    in mindestens einem der folgenden Bereiche:
  • Verspätung oder vollständige Störung der Entwicklung der gesprochenen Sprache, die nicht begleitet ist durch einen Kompensationsversuch durch Gestik oder Mimik als Alternative zur Kommunikation (vorausgehend oft fehlendes kommunikatives Geplapper)
  • relative Unfähigkeit, einen sprachlichen Kontakt zu beginnen oder aufrechtzuerhalten (auf dem jeweiligen Sprachniveau), bei dem es einen gegenseitigen Kommunikationsaustausch mit anderen Personen gibt
  • stereotype und repetitive Verwendung der Sprache oder idiosynkratischer Gebrauch von Worten oder Phrasen
  • Mangel an verschiedenen spontanen Als-ob-Spielen oder (bei jungen Betroffenen) sozialen Imitationsspielen.


  • 3) Begrenzte, repetitive und stereotype Verhaltensmuster, Interessen und Aktivitäten
    in mindestens einem der folgenden Bereiche:
  • umfassende Beschäftigung mit gewöhnlich mehreren stereotypen und begrenzten Interessen, die in Inhalt und Schwerpunkt abnorm sind, es kann sich aber auch um ein oder mehrere Interessen ungewöhnlicher Intensität und Begrenztheit handeln
  • offensichtlich zwanghafte Anhänglichkeit an spezifische, nicht funktionale Handlungen oder Rituale
  • stereotype und repetitive motorische Manierismen mit Hand- und Fingerschlagen oder Verbiegen, oder komplexe Bewegungen des ganzen Körpers
  • vorherrschende Beschäftigung mit Teilobjekten oder nicht funktionalen Elementen des Spielmaterials (z.B. ihr Geruch, die Oberflächenbeschaffenheit oder das von ihnen hervorgebrachte Geräusch oder ihre Vibration).


  • Das klinische Bild kann nicht einer anderen tiefgreifenden Entwicklungsstörung zugeordnet werden, einer spezifischen Entwicklungsstörung der rezeptiven Sprache (F80.2) mit sekundären sozio-emotionalen Problemen, einer reaktiven Bindungsstörung (F94.1), einer Bindungsstörung mit Enthemmung (F94.2), einer Intelligenzminderung (F70-72) mit einer emotionalen oder Verhaltensstörung, einer Schizophrenie (F20) mit ungewöhnlich frühem Beginn oder einem Rett-Syndrom (F84.2).




    ___nach oben









    Diagnosekriterien für das

    Asperger Syndrom

    (Diagnoseschlüssel F 84.5) nach dem ICD-10 der WHO (Weltgesundheitsorganisation) aus dem Jahre 1993:



    Es existiert keine klinisch bedeutsame allgemeine Verzögerung in der gesprochenen oder rezeptiven Sprache oder in der kognitiven Entwicklung. Die Diagnose verlangt, dass bis zum Alter von zwei Jahren oder früher einzelne Worte gesprochen werden können, und dass bis zum Alter von drei Jahren oder früher kommunikative Redewendungen benutzt werden. Fähigkeiten zur Selbsthilfe, anpassungsfähiges Verhalten und Wissbegierde in Bezug auf das Umfeld sollten um das dritte Lebensjahr herum auf einem mit der normalen intellektuellen Entwicklung übereinstimmenden Niveau liegen. Dennoch können motorische Meilensteine etwas verzögert sein, und die motorische Unbeholfenheit ist die Regel (obwohl kein notwendiges diagnostisches Merkmal). Es bestehen häufig einzelne spezielle Fertigkeiten, die sich meist auf abnorme Beschäftigung beziehen, aber sie sind für die Diagnose nicht relevant.


    Qualitative Abnormitäten in der wechselseitigen sozialen Interaktion
    zeigen sich in mindestens zwei der folgenden Merkmale:
  • Unvermögen, einen angemessenen Blickkontakt herzustellen und aufrechtzuerhalten, Mängel in Mimik und Körperhaltung, Mängel in der Gestik zur Regulierung der sozialen Interaktion;
  • Unvermögen (in einer dem geistigen Alter entsprechenden Weise oder trotz ausreichender Gelegenheiten), Beziehungen zu Gleichaltrigen zu entwickeln, die das Teilen von Interessen, Aktivitäten und Emotionen betreffen;
  • Mangel an sozio-emotionaler Gegenseitigkeit, die sich in einer unzulänglichen oder von der Norm abweichenden Reaktion auf die Emotionen anderer Menschen zeigt; oder der Mangel an Verhaltensmodulation gemäß dem sozialen Kontext; oder eine geringe Integration der sozialen, emotionalen und kommunikativen Verhaltensweisen;
  • fehlender spontaner Wunsch, mit anderen Menschen Vergnügen, Interessen und Errungenschaften zu teilen (z.B. mangelndes Interesse, anderen Menschen Gegenstände, die dem Betroffenen wichtig sind, herzubringen oder darauf hinzuweisen).


  • Der Betroffene legt ein ungewöhnlich starkes, sehr spezielles Interesse oder begrenzte, repetitive und stereotype Verhaltensmuster, Interessen und Aktivitäten an den Tag,
    die sich in mindestens einem der folgenden Bereiche manifestieren:
  • einer konzentrierten Beschäftigung mit stereotypen und begrenzten Interessensmustern, die in Inhalt oder Gebiet abnorm sind; oder eine oder mehrere Interessen, die in ihrer Intensität und ihrer speziellen Natur, aber nicht in Inhalt oder Gebiet begrenzt sind;
  • offenkundige zwanghafte Befolgung spezifischer, nonfunktionaler Routinen oder Rituale;
  • stereotype und repetitive motorische Manierismen, die entweder das Flattern oder Drehen mit Händen oder Fingern oder komplexe Ganzkörperbewegungen mit einschließen;
  • Beschäftigungen mit Teil-Objekten oder nonfunktionalen Elementen oder Spielmaterialien (wie den dazugehörigen Farben, dem Gefühl, das die Oberfläche vermittelt, oder dem Geräusch/der Vibration, das sie hervorrufen). Doch kommt es seltener vor, daß diese Merkmale motorische Manierismen oder Beschäftigungen mit Teil-Objekten oder nonfunktionalen Elementen der Spielmaterialien einschließen.


  • Die Störung ist den anderen Varianten der tiefgreifenden Entwicklungsstörung nicht zuzuschreiben, wie: einfache Schizophrenie, schizo-typische Störung, Zwangsstörung, anankastische Persönlichkeitsstörung, reaktive und enthemmte Bindungsstörungen der Kindheit.



    ___nach oben









    DSM-IV tiefgreifende Entwicklungsstörungen

    Diagnosekriterien für den

    frühkindlichen Autismus

    nach dem DSM-IV:



    Es müssen mindestens sechs Kriterien aus 1), 2) und 3) zutreffen,
    wobei mindestens zwei Punkte aus 1) und mindestens je ein Punkt aus 2) und 3) stammen müssen:


    1) qualitative Beeinträchtigung der sozialen Interaktion
    in mindestens zwei der folgenden Bereiche:
  • ausgeprägte Beeinträchtigung im Gebrauch vielfältiger nonverbaler Verhaltensweisen wie beispielsweise Blickkontakt, Gesichtsausdruck, Körperhaltung und Gestik zur Steuerung sozialer Interaktionen
  • Unfähigkeit, entwicklungsgemäße Beziehungen zu Gleichaltrigen aufzubauen
  • Mangel, spontan Freude, Interessen oder Erfolge mit anderen zu teilen (z.B. Mangel, anderen Menschen Dinge, die für die Betroffenen von Bedeutung sind, zu zeigen, zu bringen oder darauf hinzuweisen)
  • Mangel an sozio-emotionaler Gegenseitigkeit


  • 2) qualitative Beeinträchtigungen der Kommunikation
    in mindestens einem der folgenden Bereiche:
  • verzögertes Einsetzen oder völliges Ausbleiben der Entwicklung von gesprochener Sprache (ohne den Versuch zu machen, die Beeinträchtigung durch alternative Kommunikationsformen wie Gestik oder Mimik zu kompensieren)
  • bei Personen mit ausreichendem Sprachvermögen deutliche Beeinträchtigung der Fähigkeit, ein Gespräch zu beginnen oder fortzuführen
  • stereotyper oder repetitiver Gebrauch der Sprache oder idiosynkratische Sprache
  • Fehlen von verschiedenen entwicklungsgemäßen Rollenspielen oder sozialen Imitationsspielen


  • 3) beschränkte, repetitive und stereotype Verhaltensweisen, Interessen und Aktivitäten
    in mindestens einem der folgenden Bereiche:
  • umfassende Beschäftigung mit einem oder mehreren stereotypen und begrenzten Interessen, wobei Inhalt und Intensität abnorm sind
  • auffällig starres Festhalten an bestimmten nichtfunktionalen Gewohnheiten oder Ritualen
  • stereotype und repetitive motorische Manierismen (z.B. Biegen oder schnelle Bewegungen von Händen oder Fingern oder komplexe Bewegungen des ganzen Körpers)
  • ständige Beschäftigung mit Teilen von Objekten.


  • Beginn vor dem dritten Lebensjahr und Verzögerungen oder abnorme Funktionsfähigkeit
    in mindestens einem der folgenden Bereiche:
  • soziale Interaktion
  • Sprache als soziales Kommunikationsmittel oder
  • symbolisches oder Phantasiespiel.


  • Die Störung kann nicht besser durch die Rett-Störung oder die Desintegrative Störung im Kindesalter erklärt werden.



    ___nach oben









    Diagnosekriterien für das

    Asperger Syndrom

    nach DSM IV aus dem Jahre 1994


    Qualitative Beeinträchtigung der sozialen Interaktion,
    die sich in mindestens zwei der folgenden Bereiche manifestiert:
  • deutliche Beeinträchtigung bei vielfältigen nonverbalen Verhaltensweisen, wie dem In-die-Augen-Schauen, der Mimik, der Körpergesten, sowie der Gesten zum Regulieren der sozialen Interaktionen
  • Unvermögen, dem Entwicklungsniveau entsprechend Beziehungen zu Gleichaltrigen zu entwickeln
  • mangelnder spontaner Wunsch, mit anderen Vergnügen, Interessen oder Errungenschaften zu teilen (z.B. macht der Betroffene keine Anstalten, Gegenstände seines Interesses anderen Menschen zu zeigen, ihnen zu bringen oder darauf hinzuweisen)
  • fehlende soziale oder emotionale Gegenseitigkeit


  • Begrenzte repetitive und stereotype Verhaltensmuster, Interessen und Aktivitäten,
    die sich in mindestens einem der folgenden Merkmale zeigen:
  • konzentrierte Beschäftigung mit einem oder mehreren stereotypen und begrenzten Interessensmuster, die entweder in ihrer Intensität oder durch ihr Gebiet abnorm sind
  • offenbar sture Befolgung spezifischer, nonfunktionaler Routinen und Rituale
  • stereotype und repetitive motorische Manierismen (z.B. das Schnippen oder Drehen der Finger oder komplexe Bewegungen mit dem ganze Körper)
  • anhaltende Beschäftigung mit einzelnen Teilstücken oder Gegenständen


  • Die Störung verursacht bedeutende Beeinträchtigungen auf sozialem, beruflichem oder auf einem anderen wichtigen Gebiet.

    Es existiert keine klinisch bedeutsame allgemeine Sprachverzögerung (z.B. spricht der Betroffene im Alter von zwei Jahren einzelne Worte und benutzt im Alter von drei Jahren kommunikative Redewendungen).

    Es existiert keine klinisch bedeutsame Verzögerung in der kognitiven Entwicklung oder in der Entwicklung altersgemäßen Fähigkeiten zur Selbsthilfe, im anpassungsfähigen Verhalten (anders als in der sozialen Interaktion) und bei der Wißbegierde in Bezug auf das Umfeld in der Kindheit.

    Die Kriterien stimmen nicht mit denen einer weiteren spezifischen tiefgreifenden Entwicklungsstörung oder der Schizophrenie überein.



    ___nach oben



    Inhaltsverzeichnis