Diagnosekriterien Autismus, allgemeinverständlich


Für Laien sind die Diagnosekriterien des Autismus nicht immer klar verständlich.
Ich plane, darum hier eine Beschreibung der Merkmale des Autismus zu geben, die allgemeinverständlich ist, auch ohne Fachbegriffe zu kennen.

Vorläufig möchte ich dazu auf ein paar immer wieder auftauchende Aussagen eingehen, die häufig auch von Ärzten fälschlich gemacht werden.
Denn es ist fatal, dass aus diesen Gründen bei autistischen Menschen eine Diagnose oftmals nicht gestellt wird, obwohl sie alle Diagnosekriterien voll erfüllen.






Fehlender oder vorhandener Blickkontakt ist KEIN Diagnosekriterium oder Ausschluss-Kriterium, auch wenn die Art des Blickkontaktes bei autistischen Menschen oft - aber eben nicht immer! - auffällig ist.
Oftmals wird behauptet, autistische Menschen blickten ihrem Gegenüber niemals ins Gesicht.
Das ist zwar häufig tatsächlich der Fall, es muss aber nicht so sein!
Ebenso kann der Blickkontakt nur flüchtig oder sogar ziemlich unauffällig sein.
Viele Menschen mit Asperger Autismus sehen z.B. Gesprächspartner an, wenn sie selbst reden, blicken aber zur Seite, wenn sie zuhören.
Und es kommt auch das Gegenteil vor, nämlich dass autistisch Behinderte einen auffallend starren und durchdringenden Blick haben.
Manche autistische Menschen blicken andere Menschen auch zwar bei der Begrüßung ins Gesicht, weil dies mit ihnen eingeübt wurde, aber beim Abschied dann blicken sie zur Seite, weil sie dann nicht mehr daran denken oder es nicht für so wichtig halten.






Entgegen der landläufigen Meinung sind autistische Menschen keineswegs automatisch schüchtern, oder zurückhaltend oder verschlossen.
Es kann auch das genaue Gegenteil der Fall sein, nämlich verblüffende Distanzlosigkeit oder auch ein extrem dominantes Verhalten.





Oft heißt es, autistische Menschen ließen sich niemals freiwillig durch andere berühren.
Schon das Reichen der Hand gilt manchen Ärzten als Ausschlusskriterium, eine Diagnose zu stellen.
Die meisten autistischen Menschen lehnen tatsächlich Körperkontakt ab, wenn er nicht von ihnen selbst gesteuert wird. Oft ruft ungewünschter Körperkontakt sehr heftige Abwehr- oder Panikreaktionen hervor.
Das heißt aber nicht, dass sich jedes autistische Kind niemals in den Arm nehmen ließe.
Es gibt nämlich auch solche autistischen Menschen, die ein sehr starkes Bedürfnis nach Körperkontakt haben und geradezu "schmusesüchtig" wirken können. Es gibt solche Betroffenen, die vielleicht auch fremde Menschen zu küssen versuchen, die auch fremde Menschen in den Arm nehmen, die ständig gedrückt werden wollen, auf den Schoß wollen, kuscheln wollen.
Was natürlich eine hohe Gefahr des Missbrauchs durch andere birgt.
Bei der Mehrzahl der autistischen Menschen ist es so, dass sie Körperkontakt nur durch ihnen vertraute Menschen zulassen und nur unter von ihnen diktierten Bedingungen. Viele von ihnen können ihn aber unter diesen Voraussetzungen durchaus genießen.
Auch macht es bei den meisten autistischen Menschen einen erheblichen Unterschied, ob sie nur zart berührt werden oder kräftig gedrückt. Und auch an welchem Körperteil man sie berührt.
Hüten Sie sich bitte, autistischen Kindern ungefragt über den Kopf zu streichen!

Das mit dem Reichen der Hand ist wieder eine andere Sache. Viele autistische Menschen mögen dies tatsächlich nicht, manchen bereitet es geradezu körperliche Qualen. Dennoch trifft dies nicht auf alle zu. Und die meisten Kinder werden von klein auf dazu angehalten, bei Begrüßungen zumindest die Hand zu reichen. So auch autistische Kinder. Insofern kann es sich bei einem autistischen Menschen auch so verhalten, dass er/sie die Hand trotz einer starken Abneigung dagegen reicht, einfach weil es ihm als Kind mühsam so "antrainiert" wurde und weil er/sie gelernt hat, dass dies so sein "muss".






Kennzeichnend und damit wirklich typisch für das Asperger Syndrom ist in erster Linie ein frappierend ungewöhnliches Sozialverhalten bei ansonsten mindestens normaler Intelligenz, ein fehlendes Gespür für soziale Situationen, für das "richtige", angemessene, gesellschaftlichen "Normen" entsprechende Benehmen in jeder Lebenslage, beruhend auf massiven Störungen in der Wahrnehmungsverarbeitung aller Sinnesorgane und damit einem völlig anderen Erleben der Welt.

Das kann sich dann sehr unterschiedlich auswirken, etwa so, dass ein Kind
tatsächlich mutistisch wirkt, also kaum oder nur unter bestimmten Umständen spricht,
sich abkapselt,
gleichgültig wirkt,
sich nicht oder nur nach eigenem Ermessen berühren lässt,
niemandem die Hand gibt,
niemandem in die Augen blickt, oder nur sehr flüchtig,
still an einem Ort sitzt und sich monoton mit immer dem gleichen beschäftigt, ohne Notiz von der Umgebung zu nehmen,
starke Phobien entwickelt,
stark depressiv ist usw.,

aber auch in der Form,
dass es jedem geradezu in die Augen starrt,
jeden zutextet, dem es begegnet, egal in welcher Situation dieser sich gerade befindet, wobei es meist immer das gleiche Thema wählt und sich davon durch nichts abbringen lässt,
sich auch Fremden unbekümmert auf den Schoß setzt,
manchmal geradezu schamlos zu sein scheint,
seiner gesamten Umgebung bis ins kleinste Detail jedes Verhalten, ja, selbst die genaue Wortwahl vorzuschreiben versucht,
in Situationen lacht, in denen eigentlich Trauer oder Bedrücktheit erwartet wird,
extrem schnell wütend wird und sich dabei auch gegenüber "Respektspersonen" gehen lässt,
auch heftig aggressiv reagiert, verbal wie körperlich, egal, wen es gerade trifft,
hyperaktiv herumrennt und alles anfasst etc.

Und es kann auch durchaus all dieses bei ein und demselben Betroffenen vorkommen, abwechselnd je nach Tagesform und Umständen, auch oft sehr plötzlich umkippend vom einen ins andere Extrem.






Zur Früherkennung von Autismus gibt es hier eine Checkliste häufiger möglicher Symptome, sortiert nach verschiedenen Altersstufen:
http://www.autismus-darmstadt.de/content/e21/e62/index_ger.html






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